20.03.11 13:24, Wowi
In dem (vertonten) Gedicht "Mein Land" von Karl Bröger lautet die zweite Zeile:
"Wälder grünen her in dunklem Schweigen"

Im Internet findet man auch "grünen hier", aber die Stellen scheinen alle von einer anderen kopiert zu sein, da die Fortsetzung grammatisch falsch ist.

Mir bereitet dieses "her" Probleme. Es ist möglich, dass es so richtig ist im Sinne von daher, vor sich hin. Aber dem Charakter des Gedichts würde hehr viel besser entsprechen. Das Gedicht wurde vor etwa hundert Jahren geschrieben. Weiß jemand, ob damals die Schreibweise her für hehr möglich war? (Grimms Wörterbuch führt alt-/mittelhochdeutsche Belege an für her ohne eingeschobenes h.) Oder hat jemand gar eine ganz alte Ausgabe dieses Gedichts?

Keine wichtige Frage, aber ich freue mich über jede Meinung, jeden Hinweis.

Wowi

20.03.11 18:23
Æhm, und was hat das mit norwegisch zu tun????

20.03.11 19:48
@ 18:23
Soll das ein Witz sein?! Das Forum ist auch für die deutsche Sprache da!

21.03.11 03:39
Man kann jedenfalls bei Googles Büchersuche sehen, dass auch schon 1933 "her" geschrieben wurde: http://books.google.de/books?id=Gb0iAQAAIAAJ&q=%22W%C3%A4lder+gr%C3%BCnen+h...

(Anscheinend ist sein Werk von den Nazis vereinnahmt worden, obwohl er ja ein SPD-Mann war.)

Ansonsten halte ich es für unwahrscheinlich, dass "hehr" im 20. Jahrhundert noch "her" geschrieben werden konnte. Allerdings nehmen sich Dichter ja mitunter die nach ihnen benannte Freiheit heraus.

21.03.11 15:13, Geissler de
Mir sind auch aus der Literatur des 19. Jahrhunderts, also noch mehrere Orthographie-
Varianten gängig waren, keine Beispiele dafür erinnerlich, daß das "h" aus Wörtern wie
mehr, hehr, ihr, wahr etc. entfallen wäre.

Aber im Gegensatz zu Wowi bin ich der Meinung, daß "her" viel besser paßt als "hehr" (Hand
auf's Herz: wer könnte sagen, was "hehr" genau bedeutet, außer daß es irgendwie
altertümelnd-poetisch klingt?).

Das ganze Gedicht ist von einer Rhetorik der Nähe durchzogen. In fast jeder Zeile wird die
durchaus physische Verbundenheit des lyrischen Ichs mit dem deutschen Heimatland
beschworen. Das ist, machen wir uns nichts vor, Blut-und-Boden-Lyrik im unmittelbarsten
Wortsinn, SPD-Mann hin oder her.

Kostprobe:
Deine Berge ragen in mir auf,
deine Täler sind in mich gebettet,
deiner Ströme, deiner Bäche Lauf
ist an alle Adern mir gekettet.

In diesem Zusammenhang wären die Wälder, die einfach nur grünen, zu distanziert, zumal der
Plural auch noch einen gewissen Abstand suggeriert (aus der Nähe sieht man nicht mehrere
Wälder auf einmal). Also müssen die Wälder schon zum lyrischen Ich hergrünen, um zum Ton
des übrigen Gedichts zu passen.

Also eine völlig korrekte Rechtschreibung.

21.03.11 18:22
Danke für die Antworten, insbesondere Geisslers schlüssige Deutung. Damit ist "hehr" in andere Poesie verbannt - Eichendorffs Gedicht "Weihnachten" zum Beispiel.

Wowi