29.06.09 20:43, Silkita
Warum und seit wann benutzt man nicht mehr die Höflichkeitsform "dere" (2. Pers. Pl.)? Gab es da ein Gesetz? Und wird "dere" überhaupt nicht mehr verwendet? Hab gehört, viele ältere Norweger benutzen diese Form noch... takk for hjelpen!

29.06.09 21:21
"Dere" ist die Höflichkeitsform in Schwedisch, in Norwegisch sie ist "DeDemDeres".

Laut meiner Erkenntnis gab es in "NRK" in den 70-Jahren eine kleine Reformation, in denen
das Interwjuobjekt selbst wählen dürfte, ob ihm mit "De" oder "du" angesprochen werden
wollte.

Mehreren und mehrere Leuten wollte nicht mit "De" angesprochen werden, deshalb verswand
die Form im Rundfunk. Wenn der Rest der Leute die Form nicht mehr hörte, hörte die Form
ganz überall auf.

Als mit "dere" ist es ziemlich häufig diese Form zu benutzen, wenn mann betonen möchte,
dass man nicht nur an die Person vor sich reden möchte, sondern auch die Leute, die diese
Person representieren. Zum Beispiel sage ich fast immer: "Unnskyld, har dere mer melk
igjen", und nicht "Unnskyld, har du mer melk igjen". Das hast aber nichts zu tun mit
Höfflich, am mindesten bei mir.

Viele Grüße
Björnar

29.06.09 21:37
Ergänzend: Ich glaube kaum, dass es da ein Gesetz gab.
Es waren vermutlich die gesellschaftlichen Entwicklungen der 60er und 70er, die dem "De" den Garaus machten. Norwegen ist ja seit jeher eine relative egalitäre Gesellschaft, was vielleicht auch erklärt, dass die Höflichkeitsform noch gründlicher veschwunden ist als in Dänemark und Schweden.
Auch in Deutschland war das Siezen ja zeitweise in Bedrängnis und ist unter jungen Leute und im Internet immer noch recht unüblich (im realen Alltag aber nach wie vor stark verbreitet).

30.06.09 04:35, Mestermann no
Kein Gesetz. Der Wendepunkt war wohl dieser: Bei den norwegischen Streitkräften auf alliertem Gebiet im Zweiten
Weltkrig wurde üblich, dass man sich gegenseitig immer mit dem Du grüsste. "Du Soldat," "Du, General." Das hing
wohl mit einem Solidaritätsgefühl zusammen; sie waren alle irgendwie im selben Boot, und Soldaten im selben Krieg.

Nach dem Krieg wandelte sich die sprachliche Gewohnheit diesbezüglich allmählich, und wie Bjørnar so richtig
schreibt, änderte es sich vor allem in den 70ern, als es im Rundfunk wahlfrei wurde, ob man in einer
Interviewsituation mit De oder du angeredet werden mochte. Schnell stellte sich heraus, dass die meisten mit Du
zufrieden waren. Das war wohl das Ende von der De-Form im allgemeinen. Ich erinnere mich aber dennoch an die
Mahnungen meiner Mutter zu dieser Zeit: Ältere Frauen doch noch immer mit De/Dem/Deres anreden!

Bjørnar macht auf eine interessante Zwischenstufe der Höflichkeitsform aufmerksam: Wenn man "dere" zu einer
Einzelperson im Handel sagt, bezieht man sich auf die Institution, nicht auf die Person.

Die De-Form besteht noch in verschiedenen öffentlichen Schreiben und Formularen, und in der Anrede an
Mitgliedern der königlichen Familie.

30.06.09 10:38
Die schwedische Höflichkeitsform ist nicht dere, sondern "Ni".

30.06.09 15:59
Das ist auch meine Erfahrung, die Höflichkeitsformen werdenv on norwegischen Kanzleien und Anwälten auch heute noch verwedet, von öffentlichen Ämtern eher wenig, in der Umgangssprache gar nicht mehr.