10.03.12 09:49
Guten Morgen!
Ich bräuchte Eure Hilfe bei der Übersetung eines Gedichtes. Genauer gesagt, handelt es sich um einen Auszug eines Gedichtes von Nordahl Grieg. Erschienen im Gedichtsband friheten. Den Sinn verstehe ich, aber ich fänd es ganz schön die Zeilen auf Deutsch zu haben. Mir ist klar, dass nicht nur deutsche und norwegische Kenntnisse gefragt sind um es schön auszudrücken... Aber diese lyrische Ader fehlt mir leider. Ich dachte, ich frag einfach mal - vielleicht ist ja jemand unter euch, der sowas kann. Mein Versuch ist jedenfalls sehr kläglich, deshalb bin ich für jeden weiteren Versuch sehr sehr dankbar! (Ähm, lese gerade den Zusatz bzgl. der Versicherung, dass ich den Beitrag selbst verfasst habe. Darf ich das Gedicht überhaupt hier reinstellen?? Bin nun etwas verunsichtert. Falls nicht, dann bitte den Beitrag löschen)

Alltid det samme stedet .........................Immer am selben Ort,
synes jeg at du ferdes...........................scheint es mir, dass du ??.
Blusset av midnattsolen ........................Die Flammen der Mitternachtssonne
stryker syrenblå fjell. ............................??? ???
Rolig glir Reisa-elven ...........................Friedlich gleitet die Reisa/der Fluss R.
langs strendenes gress og løvskog. ....entlang gräsender?! Ufer und Laubwälder.
Bjørkegrønn, undersjøisk .....................Birkengrün, ??
lyser en sommerkveld. .........................leuchtet ein Sommerabend.

Støvregn fra Mollis-fossen....................Der Staubregen? vom Wasserfall Mollis
når gressvollen der vi sitter,.................erreicht die Wiese auf der wir sitzen,
står som en kjølig-grå teltvegg,.............steht wie eine kühl-graue Zeltwand,
hvor mygg og knott må gi tapt...............an der Mücken und Knott? aufgeben müssen?!
Her, mellom blomster, er bålet...........Hier, zwischen den Blumen, ist? das (Lager)feuer?
Sorgløs i lusekoften.............................Sorgenfrei in ?Strickjacke?
stirrer du ut i kvelden,..........................blickst/starrst du in den Abend? hinaus,
i takk mot alt som er skapt...................im Dank an alles, was erschaffen wurde.??

Nå kunne vi gå til Imo.......................Jetzt können wir zum? Imo (Wasserfall) gehen,
som blågrønn styrter i juvet;.............der blaugrün in die Schlucht stürzt;
prøve vår elvebåt-kunnskap...............unsere Boot?? prüfen
hvor strykene fosser stri;....................wo ?????;
oppsøke revehuler;............................??? aufsuchen;
la være å gjøre noe;...........................es lassen etwas zu tun???;
ta veien til Kautokeino;.......................den Weg nach Kautokeino nehmen;
nå var vi endelig fri!............................jetzt waren?! wir endlich frei!

Danke und schönes Wochenende, Martina

10.03.12 21:11
Ich kann's ja mal versuchen, aber dann wird es etwas freier in der Übersetzung.

Immer am gleichen Ort
scheint mir, dass du wandelst.
Der Widerschein der Mitternachtssonne
streichelt (streicht über) fliederblauen Berg.
Friedlich gleitet der Reisafluss
entlang der Ufer Gras und Laubwald.
Birkengrün, wie auf dem Meeresgrund
leuchtet der Sommerabend.

Feiner Nebelregen vom Mollis-Wasserfall
kommt bis zum (erreicht den) Grashügel, wo wir sitzen
und beschützt uns wie eine graukaltes Zeltwand,
vor der Mücken und die winzigen Zwieselmücken aufgeben müssen.
Hier zwischen den Blumen ist unser Lagerfeuer.
Sorgenfrei in deiner Norwegerstrickjacke sitzt du da
und schaust hinaus in den Abend
dankbar für alles, was erschaffen ist.

Nun könnten wir zum Imo-Wasserfall gehen
der blaugrün in die Schlucht stürzt
und unsere Flussboot-Erfahrung auf die Probe stellen
da, wo die Stromschnellen reissend strudeln.
Wir könnten Fuchshöhlen finden
oder einfach gar nichts tun
oder uns auf den Weg nach Kautokeino machen;
jetzt sind wir endlich frei!

10.03.12 21:20
P.S. übersetzt von Ingeling

11.03.12 14:49
Gute Übersetzung, finde ich. An einigen Stellen würde ich vielleicht sogar noch etwas freier übersetzen.

11.03.12 19:55
Wow, vielen Dank Ingeling!!! Gefällt mir sehr gut! Das mit der freien Übersetzung fällt mir selbst sehr schwer. Tusen takk!! Bin durchaus offen für weitere (freiere) Vorschläge... Welche Stellen meinst du (Kommentartor XY ;-) )?
Gruß, Martina

12.03.12 16:17
Mir ging es in erster Linie darum, die fraglichen norwegischen Worte richtig zu erklären. Aber mir gefallen auch nicht besonders die Bezeichnungen: "Flussboot-Erfahrung", "die winzigen Zwieselmücken" (da könnte man vielleicht einfach "knott" sehenlassen) und "Norwegerstrickjacke" (zu umständlich).
"Stövregn" kann man auch einfach mit "Sprühregen" übersetzen.

Bei "unsere Flussboot-Erfahrung auf die Probe stellen" könnte man vielleicht schreiben "unsere Ruderkünste/unser Paddelglück erproben", aber es ist ja unklar, um welche Sorte Boot es sich handelt.

Kommt jemand auf etwas Eleganteres?

hilsen Ingeling

12.03.12 21:20
Also, es handelt sich dabei um ein stakebåt. Dabei nutzt man eine lange Stange um sich fortzubewegen. Leider passt daher "unsere Ruderkünste" etc. nicht ganz so gut, auch wenn es mir gefällt. "erproben" klingt gut!
Ich finde auch, dass man "knott" stehen lassen könnte, müsste aber wohl Mehrzahl sein, oder? Und wie könnte man das schreiben?! knotts?! Hm, schwierig...
"Norwegerstrickjacke" > nur Strickjacke? Klingt leider nicht so schön wie "lusekoften"

Vielen Dank nochmal, Ingeling, für deine tollen Ideen!
hilsen Martina

12.03.12 23:45
Hei Martina,

ich kenne den Ausdruck "Zwieselmücke" nicht. Wenn das norwegische Wort "knott" dieselben fiesen kleinen Biester meint, die in den USA und in Kanada "gnats" oder "black flies" heißen, dann ist die deutsche Bezeichnung dafür "Kriebelmücke" (glaube ich zumindest). Vielleicht kann man die Schwierigkeiten mit der Übersetzung/dem Stehenlassen von "knott" dadurch umgehen, daß man die fragliche Zeile folgendermaßen übersetzt:

...
vor der Moskito und Kriebelmücke aufgeben müssen.

Gruß
Birgit

13.03.12 16:23
Der gute Nordahl muss ja ein echter Raubautz gewesen sein. Im offenen Boot, stehend mit der langen Stake mitten im Wildwasser, das traut sich wohl noch nicht mal der Lars Monsen :-)

Ingeling
P.S. Habe mich gerade bei Wikipedia schlau gemacht. Stimmt, "Kriebelmücke" heisst dieses blutrünstige kleine Biest, nicht "Zwieselmücke".

13.03.12 22:41, Geissler de
Ein paar Gedanken Mücken-Frage: Wenn man eine reine Prosa-Übersetzung braucht, um einfach
die genaue Bedeutung der verwendeten Wörter zu erfahren, spricht nichts gegen "Mücken und
Kriebelmücken".

Dabei geht natürlich einiges flöten. Das Gedicht kommt auf den ersten Blick recht einfach
daher, ist aber formal sehr bewußt gestaltet. Grieg lehnt sich nämlich an altgermanische
Strophenformen an, der Strophenaufbau ähnelt dem dróttkvætt (in dem die meisten
Skaldengedichte verfaßt sind): Zwei Halbstrophen zu je vier Halbzeilen mit je drei
Hebungen (die Halbstrophen reimen hier miteinander). Dazu verwendet er Stabreime ("samme
stedet
... synes", "Rolig glir Reisa-elven"), aber nicht so sklavisch wie im Dróttkvætt --
schließlich geht's um Freiheit.

In so ein Schema passen natürlich keine viersilbigen Mücken, da muß man freier werden,
etwa mit "Mücken und Gnitzen".
Die "Norwegerstrickjacke" paßt dann übrigens auch nicht, aber auch eine normale
"Strickjacke" evoziert das heimelig-natürliche Gefühl der lusekofte.
Übrigens: Der "Moskito" wird in einem derart urnorwegischen Setting mit Wasserfall,
Lusekofte und Skaldenstrophe zu einem absoluten Fremdkörper.

PS: Daß der Grieg einen Stocherkahn gemeint haben soll, möchte ich doch sehr bezweifeln.
PPS: "Fuchsbau" sagt man, nicht "Fuchshöhle".
PPS: 2014 ist Grieg 70 Jahre tot, dann sind seine Werke gemeinfrei. Ob man, auch im Rahmen
einer inhaltlichen Diskussion, den Gesamttext eines seiner Werke völlig legal zitieren
kann, weiß ich nicht. Aber der alte Stalinist Grieg wird doch kein so bourgeoises
Verständnis von geistigem Eigentum haben?

14.03.12 01:59
@Geissler:

Der "Moskito" hat sich nur deshalb in meine Antwort "verflogen", weil ich um jeden Preis die Wortwiederholung von "Mücke" und Kriebel"mücke" vermeiden wollte. Leider ist mir auf die Schnelle der ausnehmend gute Begriff der "Gnitze" nicht eingefallen, obwohl dieser eine sprachliche Nähe zum englischen Wort "gnat" aufzuweisen scheint. (Hatte es bei meiner Antwort trotz der vorgerückten Stunde ziemlich eilig. - Beklager!)

Herzliche Grüße
Birgit

PS: Ich hätte nichts dagegen zu erfahren, ob "Gnitze" und "gnat" tatsächlich sprachlich miteinander verwandt sind.
PPS: Wie viele Juristen habe ich mit dem Begriff des "geistigen Eigentums" meine Schwierigkeiten, aber es würde eindeutig zu weit führen, dies hier näher zu erläutern...

14.03.12 15:08
@ Geissler
Die formale Gestalung des Gedichtes ist mir auch aufgefallen und du hast natürlich Recht, dass diese Besonderheit durch eine Übersetzung verloren geht. Danke für die Erklärung mit dróttkvætt. Das kannte ich nicht. Wieder was gelernt :-)
Im Reisadalen ist das traditionelle stakebåt von großer Bedeutung. Man geht davon aus, dass die Kvenen diese Art von Bootsbau und "Fortbewegung" in das Reisadalen brachten als sie im 18. und 19. Jahrhundert dort einwanderten. Heute ist das stakebåt motorbetrieben. Deine Zweifel sind also berechtigt, dass es sich bei dem Boot, das Grieg verwendet hat, eher nicht um einen Stocherkahn handelt. Wegen dem Wort "kunnskap" hab ich wohl zu schnell auf das stakebåt getippt. Für das motorbetriebene Boot sind sicherlich auch Fahrkenntnisse von Nöten, aber leider trotzdem keine Ruderkünste :-(

Und klar: Kriebelmücken (steht ja auch hier im Wörterbuch...)! Gnitzen find ich auch gut.
Danke an alle für die Anregungen und Tipps! Martina

15.03.12 11:22
Gnat und Gnitze sind etymologisch verwandt.

http://www.etymonline.com/index.php?searchmode=none&search=gnat

15.03.12 20:36
Vielen Dank für die Info und den interessanten Link!

Gruß
Birgit