02.03.18 23:44
Hei!

Irgendwie besteht bei manchen Wörtern keine Einigkeit über das Geschlecht. Ich habe verstanden, dass man weibliche Wörter auch männlich verwenden kann (ei bok / en bok), aber es scheint komplizierter zu sein.

Ich nehme als Beispiel mal krone und kirke.

Heinzelnisse: krone (m), kirke (f/m)

NTNU: ei krone, ei kirke
https://www.ntnu.edu/now/vocabulary/table-k

langenscheidt.com: krone: Maskulinum und Femininum, kirke: Maskulinum
https://de.langenscheidt.com/norwegisch-deutsch/krone

Verwirrend!

03.03.18 03:55, Mestermann no
Alle norwegische Substantive haben ein Geschleicht (und nur eins), aber sehr viele Feminina können in Bokmål als
Utrum-Wörter (Utrum = felleskjønn, "gemeinsames Geschlecht") gebeugt werden. Das Biegungsmuster von Utrum
ist allerdings identisch mit Maskulinum. Daher das verbreitete Missverständnis, dass im Norwegischen viele
Wörter "das Geschlecht plötzlich wechseln können".

Krone (f) kann also so gebeugt werden:
Entweder als Femininum: ei krone, krona, kroner, kronene
Oder als Utrum, identisch mit Maskulinum: en krone, kronen, kroner, kronene

Dasselbe mit kirke (f)
Entweder: ei kirke, kirka, kirker, kirkene
Oder: en kirke, kirken, kirker, kirkene
Ob man bei diesen Wörtern das reine Femininum (kirka) oder das Utrum (kirken) benutzen möchte, entschliesst
man selbst. Es ist also eine Stilfrage. Generell wirken Feminina mündlicher und gelassener, während Utrums-
Formen mehr traditionell und schriftlich scheinen.

Sprachgeschichtlich hängt diese sonderbare Situation mit dem langen Zusammenleben mit Dänemark (Union
zwischen 1376-1814) zusammen. Dänisch wurde zur Schriftsprache auch in Norwegen. Bis zur Mitte des 19.
Jahrhunderts gibt es kaum Unterschiede zwischen Texte, die von Norwegern und von Dänen geschrieben sind.
Auch heute noch ähneln schriftlich Dänisch und schriftlich Norwegisch (bokmål) einander sehr (wobei die
Aussprache sehr unterschiedlich ist). Dänisch hat aber eben nur zwei Geschlechter, Neutrum und Utrum
(felleskjønn).

Als Norwegisch sich zu einer eigenen Schriftsprache separat vom Dänsichen entwickelte, wurden mehr und mehr
von den in Norwegen früher nur mündlich vorkommenden Feminina auch in die Schriftsprache aufgenommen.
Eine Zeit lang war es sogar offizielle Sprachpolitik, gezwungene Femininumsformen einzuführen. Die Schulkinder
durften z.B. nicht mehr "kirken", sondern mussten eben "kirka" schreiben. Da aber sehr viele auf die
traditionellen Utrumsformen (wie auch auf andere, traditionellen, dänisch-nahen Formen) beharrten, kam es zum
sogenannten Sprachstreit (språkstriden); eine unblutige, aber sehr zerreißende Geschichte. Das wichtigste
Ergebnis davon heute ist eigentlich die ausgeprägte Wahlfreiheit bei sehr vielen Wörtern, die für den
Norwegischlernenden manchmal Verwirrung und Kopfweh bringt:

kirka - kirken
krona - kronen
gata - gaten
snø - sne
bjørk - bjerk
rein - ren
sør - syd
trøtt - trett
sein - sen
fram - frem
venta - ventet
lytta - lyttet

- um nur einige Beispiele zu nennen, die auf Bokmål in beiden hier erwähnten Formen gleich zugelassen sind.

Die Norweger wechseln selbst ziemlich liberal zwischen diese Formen, und sind nicht immer konzequent.

Um auf die Feminina zurückzukommen, bedeutet dies, dass sehr viele (fast alle) Feminina direkt als Maskulina
gebeugt werden können, ohne dass es unkorrekt ist. Für den Norwegischlernenden bietet dies auf einen großen
Vorteil, denn man muss sich anfangs nicht drei Geschlechter merken, sondern nur zwei: Neutrum und Utrum.
Allmählich kann man sich dann merken, welche von den Utrumswörtern echte Feminina sind, und die häufigst als
Feminina gebeugt werden und daher als Feminina erscheinen.

(Bemerke wohl dass man mit echten Maskulina natürlich nicht dasselbe machen kann. "En heis", "en mann" (m)
verbleiben immer Maskulina: En heis, heisen, heiser, heisene; en mann, mannen, menn, mennene.)

Eine Ausnahme von dieser praktischen Regel bilden die wenigen, sogenannten "særnorske former"
(sondernorwegische Formen), die nur Feminina sind, und die Norwegisch mit dem Dänischen nicht gemeinsam
haben. Ein gutes Beispiel ist jente (Mädchen), das schriftlich in der bestimmten Form Einzahl ausschliesslich als
"jenta" gebeugt werden kann: en/ei jente, jenta, jenter, jentene.

Eine einfache Frage kann manchmal eine komplizierte Antwort haben.

03.03.18 04:09
@Fragesteller: ein besseres Wörterbuch als das von NTNU findest Du gratis hier:

www.naob.no

(Großes Wörterbuch der Norwegischen Akademie (riksmål und moderates Bokmål), mit ausführlichen
Erläuterungen und Beispielen).

03.03.18 06:11
Dazu kommt aber noch, dass manche Wörter tatsächlich mehrere Geschlechter haben können, teils innerhalb Bokmål oder Nynorsk (z.B. enet spark, eineit venskap), aber insbesondere zwischen unterschiedlichen Dialekten (z.B. ei bil - bila - Auto auf Trøndersk).

Das ist aber eine ganz andere Sache als felleskjønn, worüber Mestermann ja schon geschrieben hat.

03.03.18 09:00
  1. 6:12 Was wiederum bedeutet, dass eben auch die særnorske feminina maskulin gebeugt verden und es durchaus auch "jenten" neben "jenta" gibt.Übrigens schütteln gebildete ältere Norweger nur verständnislos den Kopf, wenn man mit Begriffen wie "felleskjønn" ankomnt under bezeichnen das geradewegs als "tull". Mir hat es auch bis heute nicht erschlossen, ob das nicht eine künstliche Konstruktion ist geboren aus überschießender politischer Korrektheit. Es erscheint noch irgendwie plausibel statt von Maskulinum von Hybridum bzw. felleskjønn zu sprechen, wenn es in einer Sprache neben dem Neutrum nur ein Universalgeschlecht gibt. So wie im Dänischen. Denn wenn es keine weibliche Form gibt, macht es wohl auch keinen Sinn, die Universalform als maskulin zu bezeichnen. Dabei glaube ich freilich, dass selbst die Dänen trotzdem ihre Universalform als männlich begreifen. Wenn es aber neben der männlichen Form auch eine weibliche gibt, wieso soll die männliche Form dann nicht männlich heißen, sondern als gleichsam viertes Geschlecht als übergreifende Deklinationsgruppe gedeutet werden, die "zufälligerweise" exakt der männlichen Beugung folgt? Ist das übertriebene politische Korrektheit oder ist es der Versuch, durch die Hintertür doch bei den betroffenen Wörtern die weibliche Form als die "echtere", "richtigere Form" einzuführen? Ein befriedendes Zugeständnis an jene, die die weibliche Form durchsetzen wollen nach der Maxime "das Wort hat zwar maskulines Geschlecht", aber wir nennen es anders?"

03.03.18 11:22, Mestermann no
@09:00: Utrum ist keine "künstliche Konstruktion", "geboren aus überschiessender politischer Korrektheit". Eine
solche Vermutung ist Unsinn. Utrum (norw. felleskjønn = gemeinsames Geschlecht), ist ein alter Begriff der
Grammatik (Lateinisch = eines von beiden).

Dänisch, Schwedisch und Holländisch haben mit norwegischem Riksmål/moderatem Bokmål das Utrum-
Genus gemeinsam D.h., dass Wörter, die früher entweder feminina oder maskulina waren, zu einem gemeinsamen
Geschlecht zusammengefallen sind, und somit gibt es praktisch nur zwei Geschlechter: Intetkjønn und felleskjønn
(Neutrum und Utrum). Auf Englisch gibt es fast ausschliesslich Utrum, "common gender" genannt. Auf
Schwedisch nennt man es auch "realgenus"; auf Dänisch kommt neben "fælleskøn" und "utrum" auch der Begriff
"genus commune" vor.

Im Unterschied zu z.B. Dänisch oder Schwedisch, existieren aber im Norwegischen Bokmål zwei "Systeme"
gleichzeitig, daher die Verwirrung:

Auf der einen Seite ein Utrumsystem mit (fast) nur zwei Geschlechtern (Utrum und Neutrum), wie auf Dänisch oder
Schwedisch:
en kirke, kirken (Utrum)
en mann, mannen (Utrum)
et hus, huset (Neutrum)
(+ einige, sondernorwegische Feminina, die allerdings eine Mischbiegung haben: en jente, jenta; en bikkje,
bikkja).

Auf der anderen Seite ein System mit drei Geschlechtern, wie auf Deutsch:
ei kirke, kirka (Femininum)
en mann, mannen (Maskulinum)
et hus, huset (Neutrum)

In der Tat trennt niemand messerscharf zwischen wann er das eine, wann er das andere "System" benutzt. Sie
existieren nebeneinander. Auf Bokmål bleibt es also eine Stilfrage ob man nun "kirken" oder "kirka" schreiben
möchte. (Wenn aber die Stadtsprache von Bergen maßgebend für die norwegische Rechtschreibung geworden
wäre, hätten wir ausschliesslich ein Utrumsystem, denn dort gibt es wie auf Dänisch nur Neutrum und
gemeinsames Geschlecht. Man sagt in Bergen wie bekannt auch konzequent "jenten" und "hytten").

Zugestanden: In den norwegischen Schulen wird zwar meistens gelehrt, dass alles Norwegisch drei Geschlechter
hat. Wenn es eine "politisch korrekte" Darstellung der Situation gibt, dann besteht sie vermutlich in dieser
(verständlichen) Vereinfachung. Daher werden viele Norweger behaupten, dass "'kirke' kann entweder femininum
oder maskulinum sein", denn das haben sie in der Schule gelernt. Was wohl damit gemeint ist, ist dass
"kirke" sich manchmal als ein maskulinum benehmen kann, aber es wird nicht erklärt, warum. Die Antwort liegt
also im guten, alten felleskjønn (Utrum), das wir Dänisch und Schwedisch gemeinsam haben, aber auf
Norwegisch also nur teilweise und situationsbedingt.

Siehe auch:
https://no.wikipedia.org/wiki/Utrum
https://no.wikipedia.org/wiki/Kjønn_(grammatikk)
https://da.wikipedia.org/wiki/Fælleskøn
https://sv.wikipedia.org/wiki/Utrum (guter Artikel)

@06:11: Ich beziehe mich hier nur auf schriftliches Bokmål, der Einfachheit wegen. Dass die Substantive
Geschlecht wechseln können zwischen Bokmål und Nynorsk, und in unterschiedlichen Dialekten
unterschiedliches Geschlecht haben können, ist schon richtig, aber lasst uns die Verwirrung ein wenig
begrenzen... :-)

@09:01: Die Erklärung im Link ist einfach, aber teilweise unkorrekt. "Jenta" heisst z.B. nicht "that girl", sondern
"the girl" usw.

03.03.18 11:33, Geissler de
@ 04:09:
Ausgerechnet hier ist NAOB nicht die beste Wahl, denn da wird für kirke nur Maskulin als
Genus angegeben.

03.03.18 11:36
På dansk bruger vi, ganske riktigt, begrebet fælleskøn.
https://da.m.wikipedia.org/wiki/Intetkøn

03.03.18 11:48
Bidragene til 09:00 bidrar ikke med stort. Det er den samme skråsikre kunnskapsmangel hver gang. Lett å kjenne
igjen, skaper bare forvirring, kverulerende form. Han overlater til andre å rydde opp i forvirringen men er selv som
Geissler skrev, unbelehrbar. For forumets del ville det vært en fordel om han fant seg en annen hobby. Filateli for
eksempel. :-/

03.03.18 12:38
Gammelnorsk hadde tre kjønn, hankjønn, hunkjønn og intetkjønn;det var ikke et parallelt Utrumsystem i gammelnorsk. Hadde "gammeldansk" og "gammelsvensk" også tre kjønn?

Påvirkning av dansk og svensk og bergensk kom med hanseatene og nedertysken. Hvordan forklarer man Utrumsystemet når man vet at nedertysk hadde et trekjønnsystem?

03.03.18 12:58, Mestermann no
Nei, det er riktig, men gammelnorsk eller norrønt ble snakket i Norge for tusen år siden. Norrønt - også det som
ble snakket i Danmark og Sverige - hadde selvsagt opprinnelig tre kjønn.

Dansk ble etter hvert embetsspråk og etter reformasjonen også kirkespråk i Norge. Utviklingen av norsk
skriftspråk var altså i mange århundrer temmelig sammenfallende av hvordan dansk utviklet seg. Skriftspråket var
altså felles.

Da hunkjønn og hankjønn nokså tidlig falt sammen til ett felleskjønn på dansk, falt de derfor samtidig også
sammen på "norsk", dvs. i skriftspråket, og i talespråket til de toneangivende klasser i byene og blant
embetsstanden på landet. Utrumssystemet kom altså inn i norsk fra dansk.

Den historiske nærheten til dansk er i moderne norsk bokmål/riksmål betydelig. Langt opp i det 19. århundre var
dansk f.eks. også scenespråk i Norge. Det første rent norsktalende teater var Ole Bulls Det norske Theater" i
Bergen (1850). Den første rent norske bibeloversettelsen kom så sent som på 1890-tallet.

04.03.18 18:06
Det hadde vært interessant å vite noe mer om når Utrumsystemet ble innført i Danmark og Sverige. Det kunne man kanskje finne ut av ved å studere Christian IIIs bibel av 1523 og Gustav Vasas bibel av 1550. Trolig varte skillet mellom hankjønn og hunkjønn lenger i Sverige enn i Danmark.

04.03.18 23:49
Er det virkelig slik at "jente" skriftlig kun kan bøyes som "jenta"? Både "jenta" og "jenten" kommer opp som alternativ i bokmålsordboka (http://ordbok.uib.no/jente) og jeg har derfor levd i god tro om at jeg kan bruke "jenten" uten at det blir en rettskrivningsfeil.

05.03.18 02:42, Mestermann no
På svensk forsvant de separate bøyningssystemene for han- og hunkjønn på 1400-tallet:

https://sv.wikipedia.org/wiki/Yngre_fornsvenska

På dansk skjedde det samme omtrent samtidig:

http://dsl.dk/diverse/sprog/ordboger-og-sprogteknologi/gammeldansk-ordbog/sprog...

I begge språk ble pronomenene "han" og "hun" (svensk "hon") i noen tid hengende som såkalte anaforiske eller
kataforiske pronomener: Selv om man på dansk sa "en mølle, møllen", henviste man til den som "hun", siden
ordet opprinnelig var et hunkjønnsord.

På svensk er "människa", altså menneske, et av de få hunkjønnsordene som i noen grad har "overlevd"
overgangen til utrumsystemet. Det bøyes "en människa, människan", men henvises til som "hon" med anaforisk
eller kataforisk pronomen: "Människan hon offrar hälsan". Det hører vel forøvrig til sjeldenhetene at et språk som
har kjønn, har kategorisert ordet for menneske som hunkjønn, ikke som hankjønn eller intetkjønn.

@23:49: Nei, det er ikke en formell rettskrivningsfeil å skrive "jenten", men det er et faneord som i dag brukes
sjelden og virker svært arkaisk, på linje med "øyen" og "kuen". Først og fremst forekommer det når bergensere
skriver bokmål. På riksmål og moderat bokmål er "jenta" eneform, selv i Naob.