10.08.06 11:18, Holm
Hi,
in den deutschsprachigen Lehrbüchern "Norwegisch" wird bei den Substantiven konsequent die feminine Form benutzt: ei natt, ei tann, ei strand etc. Auch in den von Norwegern gesprochen Texten dieser Lehrbücher. Aber entspricht das tatsächlich der im Alltag gesprochen Sprache in Norwegen? Eine norwegische Bekannte, so um die 40, sagte mir einmal, dass sie nur wenige Feminina benutzt. In der bestimmten Form selbstverständlich hytta, jenta, sola, meinte sie, aber auf vielmehr kam sie in dem Augenblick nicht.
Was ist Eure Erfahrung?
Grüße,
Holm

10.08.06 14:04, Lemmi
Du stichst in ein Wespennest !Für die rechte Sprache ist ein richtiger Norweger bereit zu morden , oder noch schlimmer, einen Sprachverein zu gründen und Leserbriefe zu schreiben. Schlage mal unter Stichworten wie " Riksmål ", " Bokmål ", Nynorsk " , " Samnorsk "," Læreboknormal " , " Smebye - saken" nach.

Lemmi

10.08.06 15:55
Hei Holm, hei Lemmi,
prima, skal vi slos verbal, mener jeg? Jeg synes ikke at det er viktig. Viktig er at vi kan skjønner hverandre. Der det er ei vilje er det ei vei. Vepsebål du peker på er bra, synes da jeg. Jeg synes det er bedre enn det der tyske rettskrivningsdogma. Men, men ...
Beste hilsen til dere alle fra Claus i Kr.sand

10.08.06 17:44, Lemmi
" Slåss ", sant ja, jeg glemte " slagsmålet " i mitt tidligere innlegg.

Lemmi

10.08.06 18:53, Holm
Hei Lemmi, hei Claus,
ich kann Eure Antworten nicht recht einordnen, da ich die Sprachpolitik nicht kenne. Meine Frage war ja schlicht die, ob man im Alltag so viel Feminina sprachlich durch ei kennzeichnet, wie es die Lehrbücher nahe legen. Wobei es interessanterweise auch Widersprüche in den einzelnen Lehrbüchern gibt. Mal wird ein und dasselbe Substantiv mit unbest. Artikel ei, mal mit en gesprochen. Meine norwegische Bekannte meinte, dass es nicht richtig sein kann, den Deutschen ein Norwegisch zu vermitteln, dass nicht wirklich gesprochen wird. Hat sie recht? Vielleicht liegt es ja an ihrem Alter (um die 40), dass sie nur wenige Feminina benutz. Kurz: was ist Eure praktische,subjektiv statistische Erfahrung?
Gruß,
Holm

10.08.06 19:07, Holm
Zusatz, natürlich nicht "ein Norwegisch zu vermitteln, dass", sondern "das". Sorry, auch für "benutz" statt "benutzt" usw.

10.08.06 19:38
Hei Holm,
entschuldige, daß Lemmi und ich ein bißchen gespielt haben. Es hat nichts mit dem Alter zu tun ich bin noch älter als 40. Ich benutze aber schriftlich auch gerne mal die "ei" form. Es klingt gut, nur darfst du vermutlich Norwegisch nicht einfach mit Deutsch vergleichen. Es sind im Norwegisch viel mehr Dinge erlaubt, die im Deutschen ganz festen Regeln unterliegen (laut Duden etc.). Auch bei uns gibt es viele Leute, die gerne etwas hätten wie in Deutschland, und ich habe Angst, daß es einmal dahin kommen könnte. Es ist in vielen Bereichen eine Vorschriftenflut zu sehen, die wir früher in Norwegen merkwürdigerweise nicht gebraucht haben. Wir sind doch meist ganz brauchbare Mitmenschen geworden, oder? Vor etwa 35 Jahren hat man auch noch die Sie-Form bei uns gebraucht. Sie verschwand ohne großes Aufsehen und Vorschriften und Regeln und und und. Dann kannst du bei uns z.B. Straßenschilder finden mit gade, gate und gata. Alles ist korrekt, warum auch nicht? Wobei das erste Schild "gade" noch aus dem vorletzten Jahrhundert stammt. Es ist nicht nur ein Schild, das so geschrieben steht. Warum eigentlich nicht? Man versteht es doch? Darum mache dir nicht so viel Gedanken darüber. Das Problem für einen Deutschen liegt so und so darin, daß sich der, die oder das nicht einfach übertragen lassen. Kein Norweger auf die Idee kommen "das" Mädchen zu sagen. Es wäre schon eine Beleidigung einen Menschen als "das" zu bezeichnen. Nur als Beispiel. Ich vermute und hoffe, daß Lemmi dir auch seine Gedanken dazu schreiben wird. Beste Grüße aus Kr.sand von Claus

10.08.06 21:24, Holm
Hei Claus,
danke für Deine Stellungnahme, die mir in der Ablehnung all zu starrer Regeln sehr sympathisch ist. Mein Problem ist aber auch nicht diese oder jene Regeln, auch nicht das zwischen grammatischem und natürlichem Geschlecht (da geht es in den europäischen Sprachen ja ganz wild durcheinander). Mir geht es auch nicht darum, was sprachlich erlaubt und nicht erlaubt ist. Sondern mir geht es um die lebendige, um die gesprochene Sprache. Die heutigen deutschen Lehrbücher lehren „ei kake“, ei gate“, „ei bok“ zu sagen, aber ist das in Norwegen üblich, so zu sprechen? Das ist meine Frage. Meine Bekannte sagt Nein, und sie findet es nicht richtig, dass das im Ausland als Norm vermittelt wird. Es sei zwar nicht falsch, so zu sprechen, aber eben auch nicht üblich. Vielleicht, weil sie aus Oslo kommt?

NB1: was die Sprachliberalität der Norweger anbelangt, so ist für mich das überwältigendste Beispiel dafür, die Gleichberechtigung der Dialekte. Das ist wirklich grandios!
NB2: Ich suche immer noch nach einer plausiblen Erklärung dafür, warum sich im Deutschen das „Sie“ so erfolgreich hält. Denn nicht nur in den skandinavischen Sprachen ist es ja fast spurlos verschwunden, sondern ebenso im Holländischen. Warum klappt das nicht im Deutschen?
beste Grüße,
Holm

10.08.06 22:34
wer bokmål-nah spricht, wird kaum alle möglichen weiblichen Formen benutzen, sondern mehr eine (individuelle) Auswahl. In meinen Lernanfängen habe ich mich mehr an die männlichen Formen gehalten (schien einfacher, man brauchte sich weniger zu merken), aber nach vielen Jahren in Norwegen hat die Umgebung natürlich abgefärbt auf das mündliche. Beim Schreiben bevorzuge ich aber eher weiterhin die männlichen Formen. Deine Bekannte hat im Grunde Recht, aber eine passende Auswahl musst du dir selbst zusammenstellen.
Wowi

11.08.06 10:24, Lemmi
Hei Holm,
ich wollte Dich durch die Auflistung der sprachpolitischen Schlagworte nicht verwirren, sondern Dir ein paar Stichworte zum Nachschlagen liefern. Deine Frage, was gutes, lebendiges Norwegisch ist, ist nicht einfach. Wowis Empfehlung, schriftlich den maskulinen Formen den Vorzug zu geben und muendlich eine groessere Zahl von Feminina zuzulassen ,ist sinnvoll. Viele Deutsche , die ich kenne und viele Norweger verfahren ebenso.
Ob die Liberalitaet wirklich so bewundernswert ist ? Zumindest ist sie das Ergebnis sprachpolitischer Anstrengunge, deren Fruechte man begruessen mag oder nicht. Fuer einen Auslaender muss es schwierig sein, sich nicht zu einem " alment dannet talemål " verhalten zu koennen . Es gibt hier in Norwegen den Witz, um Sprecher im Staatsrundfunk zu werden, muss man einen moeglichst unverstaendlichen westnorwegischen Dialekt sprechen, doch das ist natuerlich sehr boeswillig.

Lemmi

11.08.06 10:35
Hallo,
Jetzt verstehe ich warum man in Norwegen Flamen und Holländer sucht um ein zu wandern. Wir haben dasselbe Sprachgefühl wie Norweger und haben deswegen diese oberliegende Problemen nicht ! Grüssen aus Flandern LODE

11.08.06 12:32, Lemmi
Hei Holm,
im Buch " Typisk norsk " fand ich folgendes Beispiel für die Veränderungen, die ein Satz beim Marsch durch die unterschiedlichen Sprachformen unterläuft:

Riksmål:
Pikenjenten melket gjeten sent om aftenen kvelden på seteren.

Moderat bokmål:
Jenta melket geita sent om kvelden på seteren.

Halvradikalt Bokmål:
Jenta melket geita seint om kvelden på setra.

Radikalt Bokmål NynorskSamnorsk:
Jenta mjølka geita seint om kvelden på setra.

Konservativt nynorsk:
Jenta mjølka geiti seint om kvelden på sætri.

Høgnorsk ( eine Sprachnorm , die unter der norw. NS - Regierung für wenige Jahre in Schule und Verwaltung praktiziert wurde ):
Gjenta mjølka geiti seint um kvelden på sætri.

Lemmi

11.08.06 13:18
Hei Lemmi,
kleine Information zu dem "unverständlichen Westnorwegisch" das ist Møredialekt der den "Freibrief" für den NRK gabt (gibt???). Bin auf der Medienschule im Radiobereich ausgebildet worden und weiß es aus meiner Radiozeit ...
Hilsen Claus fra Kr.sand

11.08.06 13:39, Meuterich
Hallo Holm,

kurz zum 'Sie' und 'Du':
Durch diese Unterscheidung habe ich die Moeglichkeit Naehe
und/oder Distanz zu jemandem auszudruecken. Das ist in anderen
Sprachen, eben ohne Sie/Du-Trennung, wohl schwerer moeglich.

Meuterich

11.08.06 14:56
Ob mann jenta oder jenten sagt, hat nur mit Dialekt zu tun.
Sorry about my bad German...
Different dialect use different words: sometimes jenta, other times jenten.

11.08.06 19:02, Holm
Danke für Eure Antworten/Takk for deres svar alle sammen.

Holm